Familienbande - Die Mockenhaupts

Sie sind eine laufverrückte Familie: Bei den Mockenhaupts dreht sich viel ums Training, ums Laufen - für die eigene Gesundheit, die eigene Zufriedenheit und natürlich auch für den Erfolg.

Hildegard Mockenhaupt von der LG Sieg (Foto: <a href="http://www.leichtathletik-foto.de/" target="_blank">Wolfgang Birkenstock</a>).

Hildegard Mockenhaupt von der LG Sieg (Foto: Wolfgang Birkenstock).

Welche Gründe kann es geben, mit knapp 30 Jahren mit dem Sport anzufangen? Oft sind es gesundheitliche Gründe oder Gewichtsprobleme, manchmal steht am Anfang die Überlegung, sich etwas Neues, etwas Herausforderndes aufzubauen. So geschehen bei Familie Mockenhaupt. Hildegard Mockenhaupt (57) hatte als Schuhmacherin gearbeitet, bekam erst einen Sohn, dann zweieinhalb Jahre später im Jahr 1980 die Zwillinge Sabrina und Markus Mockenhaupt und blieb für die Kinder zu Hause. 

Eine schöne Zeit, doch schnell kam der Punkt, da wollte sie auch neben dem Haushalt und den Kindern etwas für sich machen. Da passte es gut, dass der Ehemann gerade mit dem Laufen begonnen hatte. Sie schloss sich an - Kilometer für Kilometer ging es voran. „Anfangs war das schon ein richtiger Kampf“, erinnert sie sich. Doch die beiden stellten sich dem Kampf und wurden schneller und ausdauernder. 

Der Sport kann viele Sehsüchte erfüllen: Sich Ziele setzen, hart dafür arbeiten, Ziele erfüllen, Freude und Genugtuung über den Erfolg genießen und hart weiterarbeiten für noch höher gesteckte Ziele. Das bildete auch den Antrieb von Hildegard Mockenhaupt: Sie steigerte sich weiter und weiter, absolvierte irgendwann einen Marathon. Ihre Bestleistung lief die heute 57-Jährige mit 37 Jahren (2:40:41 h). 1990 wurde sie zudem Dritte bei den Deutschen Marathonmeisterschaften.

Schnellstes Mutter-Tochter-Team

Der Erfolg der Tochter Sabrina (LG Sieg) hat der Mutter mit zeitlicher Verzögerung noch einen weiteren Titel eingebracht: Die beiden gelten weltweit als das schnellste Mutter-Tochter-Team auf der Marathondistanz. Sabrina Mockenhaupt hat die Erfolge der Eltern klar in den Schatten gestellt: Sie ist zigfache Deutsche Meisterin in der Halle, auf der Bahn, im Cross, sie hat zahlreiche Europacup-Erfolge gefeiert und ereichte viele internationale Endkampfplatzierungen.

Der Erfolg der Tochter ließ auch die Eltern weit herumkommen: Sie begleiteten Sabrina oft zu Wettkämpfen. Es machte ihnen Spaß, nicht nur die Tochter anzufeuern, sondern auch die anderen Läuferinnen zu beobachten - insbesondere Hildegard Mockenhaupt hat sich über die Jahre einen professionellen Blick auf die unterschiedlichen Laufstile angeeignet.

Professionelle Begleitung

Alfred Mockenhaupt (58) begleitete Sabrina in den vergangenen Jahren oft auf dem Fahrrad bei Wettkämpfen. Fortführen will er das aber eigentlich nicht: „Ich leide immer zu sehr mit“, sagt er. „Obwohl Sabrina diese Unterstützung eigentlich immer sehr geschätzt hat.“

Wenn Vater Mockenhaupt über die Bedeutung des Erfolgs von Sabrina spricht, dann sagt er: „Ich habe meine Identität verloren.“ Auch wenn er lacht und es nicht so ganz ernst meint, ein wenig Wahrheit steckt schon drin: „Erst war ich selbst mit meiner Leistung anerkannt, als Sabrina erfolgreich wurde, war ich nur noch der Vater von Sabrina.“

Alfred Mockenhaupt selbst bezeichnet sich als sporterrückt. Dass er dies so auslebt, hängt auch mit den Erfahrungen in seiner Kindheit zusammen. Er wuchs bei den Großeltern auf, die ihn immer zu schützen versuchten - aus Angst, er könnte sich verletzen. Er probierte ein paar Mannschaftssportarten aus, machte ein wenig Gewichtheben und verdiente sein Geld als Schlosser. „Ich war damals ein Hempfling“, sagt Alfred Mockenhaupt. „Vom naturell passte aber eigentlich schon damals Laufen zu mir.“

Spätstarter

Doch es sollte bis Ende 20 dauern, bis die Phase der Umorientierung begann: Er machte noch eine Ausbildung, entschloss sich mit dem Laufen anzufangen. Nur Wochen später folgte dann Silvester 1981 der erste Volkslauf: 10 Kilometer in 44 Minuten. Der Lohn für die Plackerei: tagelanger Muskelkater.

Danach legte er so richtig los, startete für den VSG Alsdorf und trainierte regelmäßig bei Heinz „Heiner“ Weber. Obwohl er als Polizist im Wechseldienst arbeitete. Er baute sich seinen Trainingsplan so, dass er entweder vor der Spätschicht oder nach der Frühschicht trainierte.

Nichts in die Wiege gelegt

In die Wiege gelegt hat Sabrina Mockenhaupt ihr Lauftalent somit noch nicht bekommen, denn zu dem Zeitpunkt spielte der Ausdauersport ja noch keine herausragende Rolle für die Eltern.  Aber dennoch hat sie ihren Eltern viel zu verdanken, wenn es um ihren Erfolg geht, gerade in der Teenager-Zeit: „Mit 18 Jahren geht man halt gerne feiern. Da war es schon sehr wichtig, dass mich meine Eltern auf den richtigen Weg gebracht haben. Damals hat es zwar genervt, aber ansonsten wäre ich auch nicht so erfolgreich geworden.“

Sabrina Mockenhaupt ist ein wahrer Spätstarter: Sie begann erst mit 16 Jahren, nachdem sie sich unter anderem im Jazztanz probiert hatte und dabei feststellte, dass sie es mit dem Tanzen nicht so wirklich hat. Der Grund zu laufen? Man mag es kaum glauben: „Ich wollte etwas für meine Figur tun.“ Sie war so schnell unterwegs, dass ihre Mutter sie überredete, „mal mit zum Heiner“ zu kommen. Gemeint war Heiner Weber, bei dem sie mittlerweile auch wieder trainiert.

Gemeinsames Training

Doch als sie dann einmal begonnen hatte, ging es für Sabrina Mockenhaupt dann auch schnell erfolgreich nach vorne. Währenddessen ließ es ihr Zwillingsbruder Markus ruhiger angehen. Mal trainierte er, mal fehlte ihm der Ansporn. Doch im vergangenen Jahr ließ auch er sich von einem Lauffreund anstecken. Während er anfangs noch der neuen Trainingsgruppe hinterher hechelte, hielt er innerhalb kürzester Zeit mit und bald führte er sie an. Sein Marathon-Debüt 2010 konnte sich sehen lassen: 2:45,16 Stunden.

Wenn der Ausdruck, „die Bestleistungen purzelten“ auf jemanden zutrifft, dann allerdings auf ihn im Jahr 2011: Unter anderem steigerte er sich im Marathon auf 2:34:41 Stunden, im Halbmarathon auf 1:12,29 Stunden. Sobald er trainiert, ging es voran - doch jetzt im Winter hat er sich wieder etwas treiben lassen. Doch das Ziel für 2012 steht: Unter 2:30 Stunden im Marathon. „Im Moment ist er noch etwas besser drauf als ich“, sagt Sabrina Mockenhaupt und lacht.

Harmonie unter Zwillingen

Ende Oktober 2011 liefen die Zwillinge in Frankfurt ihren ersten Marathon zusammen. Sabrina wollte eigentlich den Familienrekord von ihrem Vater (2:24:59 h) brechen, Bruder Markus eine neue Bestzeit laufen. Erster klappte nicht, Letzteres dafür umso besser. Markus steigerte sich gewaltig auf die genannten 2:34:41 Stunden, Sabrina Mockenhaupt musste sich mit 2:28:08 Stunden zufrieden geben. Damit schaffte sie zwar die Olympianorm, blieb aber knapp vier Minuten über ihrem eigentlichen Ziel.

2012 wird sie daran weiterarbeiten, bis dahin werden aber auch noch viele Trainingseinheiten gemeinsam mit ihrem Bruder auf dem Programm stehen: „Das harmoniert gut“, sagt Markus Mockenhaupt und seine Schwester Sabrina ergänzt: „Mein Bruder ist mittlerweile ist ein extrem wichtiger Lebensbegleiter für mich geworden.“

Die beiden trainieren zwei Mal pro Woche miteinander, hatten aber auch einmal eine Zeit, in der sie sich so gut wie gar nicht sahen: „Danach hat sich unser Verhältnis toll entwickelt. Wir motivieren uns gegenseitig.“ Und dann verrät sie, wie gut es sogar harmoniert: „Markus würde sehr gerne einmal für mich beim Marathon das Tempo machen.“ 

Starke Familienbande

Den Kontakt zu den Eltern pflegen beide weiterhin. Markus Mockenhaupt wohnt nicht weit von seinen Eltern entfernt, nach der Arbeit fährt der Informatiker eigentlich immer bei seinen Eltern vorbei. Nicht nur, um eine warme Mahlzeit abzuholen. Er fühlt sich auch ein wenig verantwortlich: „Schließlich war ich der Letzte, der zu Hause auszog“, sagt er. Und auch Sabrina Mockenhaupt fährt bis zu drei Mal öffentlich zu den Eltern. Um gemeinsam mit ihnen zu essen und um auf ihren alten Heimstrecken zu trainieren.

Der ältere Bruder der Zwillinge hingegen hat mit Sport gar keine Berührungspunkte. Mutter Mockenhaupt hatte versucht, ihn früh vom Laufen zu überzeugen. Doch statt bei einem Bambinilauf gemeinsam mit den anderen loszurennen, setzt er sich am Wegesrand zu den Blumen und verpasste den Start. Spätestens da wusste Mutter Mockenhaupt, dass Überzeugungsarbeit hier nicht auf fruchtbaren Boden fallen würde.

Heute ist er verheiratet, hat zwei Kinder und ist kommunalpolitisch aktiv: „Und das ist auch absolut in Ordnung“, sagt Hildegard Mockenhaupt. „Wir wollten nie Druck ausüben.“ Aktiv ist sie allerdings bis heute, auf bis zu fünf Einheiten mit bis zu 60 Kilometern pro Woche bringt sie es immer noch.

Heiligabend = Familienabend

Am Heiligabend werden sich die Zwillinge wie in jedem Jahr bei den Eltern treffen. Sie werden gemeinsam zum Gottesdienst gehen und anschließend gemütlich zusammen etwas essen. Nichts Aufwändiges, sondern etwas ganz Bodenständiges: Fleischwurst mit Kartoffelsalat.  Auch das hat Tradition„Perfekt“, findet Markus Mockenhaupt. „Ein schöner ruhiger Abend im Familienkreis.“ 

Und Sabrina Mockenhaupt freut sich schon auf den 1. Weihnachtsfeiertag, wenn ihre Nichten kommen. Silvester geht’s für sie dann zum Skilanglauf ins Sauerland, danach beginnt ein dreiwöchiges Trainingslager. Aber bis dahin ist noch Zeit. Jetzt ist erst einmal Heiligabend und damit Zeit für die Familie.

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