"Starkes Niveau motiviert mich"

Er ist in diesem Jahr die Nummer elf der Welt, trotzdem fand die WM ohne ihn statt. Warum Zehnkämpfer Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied) dieser Tatsache sogar Positives abgewinnen kann, wie er sich seine Leistungssteigerung um mehr als 250 Punkte erklärt und was seine Ausbildung bei der Polizei mit dem Zehnkampf verbindet, berichtet der U23-Europameister im Interview mit Leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift

U23 Europameister Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied) im Inerview mit der Zeitschrift Leichtathletik (Foto: Iris Hensel).

U23 Europameister Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied) im Inerview mit der Zeitschrift Leichtathletik (Foto: Iris Hensel).

Leichtathletik: Kai Kazmirek, trotz Ihrer Steigerung auf 8.366 Punkte und Rang elf in der Weltjahresbestenliste haben Sie die WM in Moskau lediglich am Fernseher verfolgt. Wir hart ist es, eine so starke Konkurrenz im eigenen Land zu haben?

Kai Kazmirek:
Das sehe ich sportlich. Die drei Besten von uns sind nach Moskau gefahren – das muss man akzeptieren. Das starke Niveau der deutschen Zehnkämpfer motiviert mich zusätzlich. Wir haben tolle Trainingslager, in denen ich als junger Athlet viel von den Erfahrungen der anderen profitieren kann. Wer international starten möchte, kann sich zu keiner Zeit auf seinen Leistungen ausruhen, sondern muss immer alles geben. Das spornt einen nur noch mehr an, sein Bestes zu geben.

Leichtathletik:
Mit dem Titelgewinn bei der U23-EM im finnischen Tampere hatten Sie aber 2013 auch Ihren ganz großen Moment. Was bedeutet Ihnen dieser Erfolg?

Kai Kazmirek:
Die U23-EM war für mich in der zurückliegenden Saison das große Ziel, auf das wir konsequent hingearbeitet haben. Eine Medaille war im Vorfeld durchaus im Bereich des Möglichen. Dass es dann aber für die goldene gereicht hat, hat mich selbst ein bisschen überrascht.

Leichtathletik:
Mit Ihrem Ergebnis von Tampere haben Sie sich im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 250 Punkte verbessert. Was hat sich verändert?

Kai Kazmirek:
2012 war für mich ein schweres Jahr. Zuerst hat mich eine Blinddarmentzündung außer Gefecht gesetzt, dann musste ich einige Wochen aufgrund von Pfeifferschem Drüsenfieber mit dem Training aussetzen. Deshalb konnte ich meinen ersten Zehnkampf auch erst Ende Juli bestreiten. Dass ich dort trotz der gesundheitlichen Rückschläge meinen ersten Zehnkampf mit mehr als 8.000 Punkten absolviert habe, war schon ein toller Erfolg. Wäre ich gesund durch die Vorbereitung gekommen, hätte ich sicher schon im vergangenen Jahr noch ein paar Punkte mehr sammeln können.

Leichtathletik:
Was zeichnet Ihre Zusammenarbeit mit Ihrem Trainer Jörg Roos aus?

Kai Kazmirek:
Er stimmt das Training einfach perfekt auf mich ab und organisiert auch die Einheiten mit meinen Spezialtrainern für den Speerwurf und den Stabhochsprung, Hermann Salomon und Herbert Czingon, immer so ab, wie es für meine Leistungsentwicklung am besten ist. Ich kann mich voll und ganz auf ihn verlassen – das zeigen ja auch die Ergebnisse aus 2013.

Leichtathletik:
Im Juli haben Sie einige Einheiten mit dem zweifachen Weltmeister Trey Hardee absolviert …

Kai Kazmirek:
... ja, das stimmt. Das war unmittelbar nach meiner Rückkehr von der U23-EM. Aufgrund dessen habe ich dem Training in der Regel zwar beigewohnt, aber nicht aktiv mitgewirkt. Es war natürlich interessant, wie ein Athlet solchen Formats arbeitet. Ich habe aber festgestellt, dass die US-Amerikaner eine ganz andere Herangehensweise an das Training haben als wir in Deutschland.

Leichtathletik:
In Ihrer Jugendzeit waren Sie noch Deutscher U18-Meister im Hochsprung. War Ihnen eine Einzeldisziplin auf Dauer zu langweilig?

Kai Kazmirek:
Der Zehnkampf war schon immer meine große Leidenschaft. In dem besagten Jahr war der Titel im Hochsprung einfach eine schöne Zugabe.

Leichtathletik:
Was fasziniert Sie am Zehnkampf?

Kai Kazmirek:
Das familiäre Verhältnis der Athleten. Die finale Ehrenrunde zeigt immer wieder, wie einzigartig der Zusammenhalt der Athleten ist. Egal wie gut oder schlecht man persönlich abgeschnitten hat – am Ende wird gemeinsam gefeiert.

Leichtathletik:
In Götzis haben Sie erstmals einen „Salto Nullo“ im Stabhochsprung hingelegt. Inwiefern bringen einen auch solche Rückschläge weiter?

Kai Kazmirek:
Ich denke, es ist für einen Sportler wichtig, auch Rückschläge zu erleben und zu verarbeiten. Wenn man dann wie ich in Götzis den Wettkampf trotzdem beendet, ist die Leistung am Ende eigentlich doppelt wertvoll.

Leichtathletik:
Sie absolvieren eine Ausbildung zum Polizeikommissar. Was gefällt Ihnen daran besonders?

Kai Kazmirek:
Das ist ähnlich wie im Zehnkampf. Ich mag das Vielseitige an diesem Berufsfeld. Zudem lässt sich die Ausbildung perfekt mit meinem Leistungssport verbinden.

Leichtathletik:
Was sind Ihre Ziele für 2014?

Kai Kazmirek:
Ich möchte gesund bleiben. Wenn das gelingt, werden wir sehen, wohin die Reise geht.

Leichtathletik:
Haben Sie einen sportlichen Traum?

Kai Kazmirek:
Einen Top-Fünf-Platz bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro.