Freiwilligendienste im Sport – unverzichtbar für politische Bildung

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Der 16. Kinder- und Jugendbericht bestätigt die Bildungspotentiale der Freiwilligendienste im Sport

Freiwilligendienste im Sport – unverzichtbar für politische Bildung

Freiwilligendienste im Sport – unverzichtbar für politische Bildung

In jeder Legislaturperiode erhält eine renommierte Gruppe von unabhängigen Wissenschaftler*innen und Expert*innen den Auftrag, der Bundesregierung einen Bericht vorzulegen, der sowohl die Lebenssituation junger Menschen als auch die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland in den Blick nimmt. Nach Berichten, die den Fokus auf Gesundheitsfragen oder Schule legten, konzentriert sich der aktuelle 16. Kinder- und Jugendbericht auf die Förderung demokratischer Bildung im Kindes- und Jugendalter – ein Thema, das auch den Sport und die Freiwilligendienste betrifft. Es sind etwa viertausend insbesondere junge Menschen, die im Sport ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) oder einen Bundesfreiwilligendienst (BFD) absolvieren. 

Wie die Sachverständigen herausheben, sind Freiwilligendienste für junge Menschen ein wichtiger Ermöglichungsraum für politische Bildung. Die Wissenschaftler*innen fordern die Politik entsprechend dazu auf, weitere Plätze zu schaffen und zu finanzieren, wenn eine entsprechende Nachfrage wahrgenommen wird. Die Politik soll zudem Träger*innen dabei unterstützen, auch Freiwilligen mit Beeinträchtigungen sowie mit weniger erfolgreichen Bildungsbiographien einen Platz anzubieten. Ziel sei es, bisher schwer erreichbare Zielgruppen noch besser zu integrieren. Dabei müsse, so die die wissenschaftliche Kommission weiter, nicht nur das Prinzip der Arbeitsmarktneutralität beachtet werden, sondern auch der Charakter von Freiwilligendiensten als freiwillige Lerndienste. 

Zentral für den Lerndienst sind 25 Seminartage, die das Freiwilligenjahr begleiten. Hoch umstritten in den Freiwilligendiensten ist die Frage, ob alle Seminare durch die Träger*innen, also beispielsweise die Landessportjugenden, angeboten werden dürfen – wie im FSJ –, oder ob Angebote zur politischen Bildung durch Bildungszentren des Bundes durchgeführt werden sollen, wie im Bundesfreiwilligendienst verpflichtend. Der Kinder- und Jugendbericht weist hier auf fehlende wissenschaftliche Untersuchungen hin, betont aber, dass sich politische Bildung in den Freiwilligendiensten bei der Auswahl der Seminarthemen an den Interessenlagen und Erfahrungen der Freiwilligen sowie an ihrem Arbeitsalltag orientieren sollte. Politische Bildung der Träger*innen im Sport fokussiert beispielsweise Themen wie Doping, Fairplay, Integration, Rassismus oder LGBTQ+-Ablehnung im Fußball, Chancen und Risiken sportlicher Großveranstaltungen, den Missbrauch des Leistungssports in der DDR, die politische Bedeutung von Sportvereinen oder Demokratieförderung durch junges Engagement. Die Nähe der Themen zum Arbeitsalltag und zu den Interessen der jungen Freiwilligen im Sport führt zu hochwirksamen Lerneffekten.

Freiwilligendienste, so betont die Kommission, fördern nicht nur gemeinwohlorientiertes Handeln – etwa bei der Unterstützung der Kinder- und Jugendarbeit eines Sportvereins –, sondern können auch dazu ermutigen, sich an politischen Prozessen zu beteiligen. Die Expert*innen fordern entsprechend, die Beteiligungsrechte von Freiwilligen weiter auszubauen. Dieses Ziel bildet einen der Schwerpunkte, die vom dsj-Vorstand im Dezember 2020 für die neue Legislaturperiode verabschiedet wurden: enge Zusammenarbeit mit jungen Engagierten, gemeinsame Gestaltung und Weiterentwicklung des Dienstes, Ausbau des Sprecher*innensystems. Damit können die Freiwilligen im Sport, wie vom Bericht gefordert, mehr Möglichkeiten der demokratischen Mitgestaltung im Raum des Freiwilligendienstes selbst erhalten. Insbesondere über die Projektarbeit wird gesichert, dass die Freiwilligen auch in den Einsatzstellen ihren besonderen Interessen folgen können. 

Es sind insgesamt über 600 Seiten, auf denen der Bericht die steigenden Herausforderungen für die Demokratie und die politische Bildung schildert und dabei einen breiten und systematischen Überblick über die sozialen Räume liefert, in denen junge Menschen politische Bildung erleben. Mehrfach wird dabei auch herausgehoben, dass Sportangebote gerade den Kindern und Jugendlichen, die sich von expliziten politischen Jugendbildungsangeboten weniger angesprochen fühlen, neue Bildungsprozesse eröffnen. Es sind sportliche Grundlagen wie Fair Play und Teamarbeit, die das demokratische Miteinander im Alltag widerspiegeln. Eine Mitgliedschaft im Sportverein allein reicht aber nicht, um politisches Wissen zu erwerben oder politische Partizipationsbereitschaft zu fördern. Erst wenn Engagement, Begleitung und Reflexion hinzukommen – wie beispielsweise in den Freiwilligendiensten –, kann das Potential des Sports sich voll entfalten.