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Langstrecken-Ass Herbert Ehlen ein Siebziger.

Wer waren die erfolgreichsten Seniorensportler in der LG Vulkaneifel? Spontan fallen mir da zwei Namen ein: Nämlich Peter Udelhoven (Jahrgang 1944), vielfacher Deutscher Seniorenmeister, 1989 Europameister M45 über 400m Hürden sowie „Vize“ über 110m Hürden - und natürlich auch Herbert Ehlen aus dem Blankenheimer Ortsteil Dollendorf. Der ehemalige Sportlehrer an der Graf Salentin Schule war über eine lange Zeit auf den Langstrecken bis hin zum Marathon mit großem Erfolg unterwegs. Am 13. Mai 2021 kann er Geburtstag feiern, er wird Siebzig.

Ob er denn nun aber wirklich feiert? Eher wird er den Tag zu einer um die 100 km langen Radrundfahrt durch die Eifel nutzen. Damit hält er sich heute am liebsten fit. Und Laufen? Eigentlich nur noch, weil er oft mit Mara unterwegs ist. Mara ist der Familienhund, genauer eine 2-jährige Jagdhündin mit ganz viel Bewegungsdrang. Sie wartet schon morgens ungeduldig auf den täglichen Auslauf mit Herbert. Das werden dann auch schon mal gut 20 Kilometer. Rund um Dollendorf, vorzugsweise im Lampertstal, dem attraktiven  Naturschutzgebiet ganz in der Nähe. Ein Tag ohne sportliche Bewegung, das war und ist für Herbert schon immer ein verlorener Tag.

Als „Spätberufener“ nahm Herberts Laufkarriere eigentlich erst in der Klasse M30 richtig Fahrt auf. Der VfL 09 Jünkerath feierte 1984 sein 75 jähriges Bestehen und den Auftakt zum Jubiläumsjahr bildete der aus diesem Anlass von mir und dem damaligen Vorsitzenden Hans Hermann Findt ins Leben gerufene Obere-Kyll-Crosslauf. Ehlens „Einstieg“ ins Läuferleben. Daraus wurde dann der Eifel-Cup, ohne den der Obere-Kyll-Crosslauf kaum überlebt hätte. Eine überaus erfolgreiche Laufserie, als deren Vater man Herbert Ehlen bezeichnen kann.

Meilensteine in Ehlens Läuferleben: 
M 30                  Marathon           2.27.10 Stunden
M 35                  25 km                1.21.48 Stunden
M 40                  10000 m           31.31.25 min.       - Halbmarathon     1.08.25 Stunden
M 45                  10 km               31.46.0  min.
M 55                  10000 m           33.30.80 min.       - Halbmarathon     1.15.40 Stunden     -Marathon          2.40.04 Stunden
M 60                  10000 m           36.19.8 min.            

Herberts Weg war ungewöhnlich, nämlich Einstieg beim Marathon hin zu kürzeren Distanzen. Bronze gewann Herbert 1996 bei den Europameisterschaften in Malmö über 10000 m Senioren M45. Davon ist mir in Erinnerung geblieben, dass er beim Weg nach Schweden in einem Sessel auf der Fähre übernachtete und dann gleich nach absolviertem Lauf die nächste Fähre nahm, um nach Hause zu schippern. Sparsamkeit pur. Oder: Zu Hause ist es doch am schönsten. 

Bei seinem 7. Platz bei den Senioren – Weltmeisterschaften am 30.06.1996 über 10 km Straße in Brügge machte er erst gar keine Spesen. Morgens beizeiten zur belgischen Nordseeküste aufgebrochen und nach dem Lauf gleich zurück in die Eifelheimat. Herbert trug übrigens maßgeblich zu Bronze des Deutschen Teams bei. Seine Medaillen bei den „Deutschen“ wird er kaum zählen können. Aber nach 1996/97 mit  Siegen bei den DM im Cross, Halbmarathon und 10000m verschwand er plötzlich von der Bildfläche. Um 2007 wie Phönix aus der Asche zurückzukehren. Mit Deutschen Meistertiteln in der M55: Halbmarathon, Marathon und schließlich über die Ultra-Strecke von 50 km. Damals unterbot er in Bottrop im Bereich um die stillgelegten Zeche und heutige Halde Haniel die Jahresweltbestzeit über diese Distanz. Mittlerweile waren fast alle Rheinland-Bestleistungen der Klassen M55 und M60 in seinem Besitz – Grund genug für eine neue Verschnaufpause.

Nicht zu vergessen, dass Herbert sein Leistungsniveau einem vielschichtigen Trainingsaufbau zuschreibt.  Aquajogging und Schwimmen pflegte er eigentlich mehr als Laufen. Aber lange Touren mit dem Rennrad standen viele Jahre im Programm. Nach Rom führen bekanntlich viele Wege. Einmal machte er mir klar, dass er mich nie als seinen Trainer angesehen habe. Er sei stets sein eigener gewesen, was bei so einem ausgeprägten Autodidakten letztlich ja auch total o.k. war.  Aber ohne meinen motivierenden Einfluss, das ließ er mich auch einmal wissen, hätte es seine Läuferkarriere kaum gegeben. Das klang schon fast wie ein Lob. Ach ja, fast hätte ich es vergessen: Herberts Ehefrau Ilse „ertrug“ die zeitaufwendigen Hobbys ihres Mannes über all die Jahre mit ganz viel Geduld.

Ein Langstreckenläufer wird Zirkusdirektor

Stand Herberts Sinn mal nicht aufs Laufen, ruhte er trotzdem nicht. So machte er sich einen Namen als „Zirkusdirektor“. Über viele Jahre hinweg hatte er Schüler/innen der Jünkerather Graf Salentin Schule  für sein Projekt „Zirkus Salentin“ begeistert, die zu kleinen Artisten wurden und auch überregional große Auftritte hatten. Zum Beispiel bei einem Rheinland-Pfalz-Tag. Das vorerst letzte große Projekt war für das Geburtstagskind im Verbund mit Klaus Klaeren (ebenfalls  aus der LGV hervorgegangen und seit vielen Jahren Geschäftsführer der Akademie des Europäischen Sports in Rheinland-Pfalz) die „Fair Play Tour“, bei der jährlich rund 300 junge Leute mit ihren Rädern eine Woche lang durch Eifel, Belgien und Luxemburg touren. Täglich um 100 km. Angefangen von der Tour-Verpflegung und den Übernachtungen in Turnhallen, das waren enorme logistische Herausforderungen. Nach langer Zeit erstmals fiel die „Tour de Europe“ 2020 aus, dem Corona – Virus zum Opfer. Leider wird es aller Wahrscheinlichkeit 2021 nicht anders sein. 

Bei allen seinen Einsätzen standen bei Herbert Ehlen im Hintergrund meist Hilfsprojekte für die Dritte Welt. Über 2,5 Millionen Euro kamen bisher zusammen. Sei es für Schul- oder Brunnenbauten in Ruanda oder andere Initiativen der Welthungerhilfe, die ihm hohe Ehrungen zuteil werden ließ. Vielleicht ist das frühzeitige Aus für die „Tour de Europe 2021“. Hoch keimt Hoffnung, dass die „Tour“ vom 10. – 17.07. trotz Corona gefahren werden kann. Wenn nicht, könnte das Anlass für Herbert sein, noch einmal die Laufschuhe auch für den Wettkampf zu schnüren? In der neuen Altersklasse. Als M Siebziger. Denn irgendwann werden die Corona – Wolken vorbeigezogen sein.