Ludwig Beißel ist 75

Eine Woche vor seinem 75. Geburtstag am Sonntag, 28. November 2010 war Ludwig Beißel beim Papst. Kurz davor übernahm er gemeinsam mit Albert Zimmer für die Übergangszeit von einem Jahr die Führung in der LG Bernkastel-Wittlich. Ob Leichtathletik, Orchideen, Pfarrgemeinderat oder Familie - als Pensionär ist Ludwig Beißel ebenso eingespannt wie als Berufstätiger.

Ludwig Beißel ist jetzt 75 Jahre (Foto: <a href="http://www.fotolauf.de/" target="_blank">Holger Teusch</a>).

Ludwig Beißel ist jetzt 75 Jahre (Foto: Holger Teusch).

Die Treppe zur Rechten führt hinauf in den Wohnbereich des in den Hang gebauten Hauses in Kinheim-Kindel an der Mosel. Wer aber geradeaus in den dunklen Kellerraum geht, betritt so etwas wie die Beißel'sche Schatzkammer. Ordnern mit Urkunden, alten und neueren Unterlagen, Medaillen und Pokalen erinnern an mehr als ein halbes Jahrhundert im Sport. Was fehlt, ist die Auszeichnung, die Ludwig Beißel vom marokkanischen Staat erhielt. "Die wurde mir von meinem Zimmer in Gerolstein gestohlen", sagte der ehemalige Offizier. 1960 war Beißel einer der ersten Bundeswehr-Soldaten in humanitärer Mission im Ausland.

"Wegen meinen Teilnahmen an den Militär-Cross-Weltmeisterschaften hatte ich viele Impfungen. Deshalb wurde ich ausgewählt", erklärte Beißel, weshalb er nach einem Erdbeben bei Agadir eine Funkstation aufbaute. 1956 trat der damals 20-Jährige in die neu gegründete Bundeswehr ein. "Die ersten drei Monate hatten wir keine Gewehre", so Beißel. Nach Abitur und Ausbildung zum Elektriker schien die Armee dem jungen Mann eine gute Möglichkeit, den Lebensunterhalt zu sichern. Nach zwölf Jahren als Soldat arbeitete er als Meteorologe unter anderem beim Amt für Wehrgeophysik auf dem Mont Royal bei Traben-Trarbach.

Außerdem bot die Bundeswehr gute Trainingsbedingungen. Gelaufen war Beißel seit seinem 13. Lebensjahr. Von Wohnort der Familie in Werth bei Aachen zum vier Kilometer entfernten Gymnasium fuhr kein Bus. "Da bin ich immer hin- und zurückgelaufen." Bald wurde ein Verein auf den drahtigen Burschen aufmerksam. Die Zeiten scheinen ganz weit weg, wenn Beißel von den Wettkampffahrten über die belgische Grenze erzählt. Einmal habe ein Zöllner seine Sporttasche, in der sich auch der zu schmuggelnde Kaffee befand, durchsucht. Der Beamte fasste in die spitzen Dornen der Spikes. Die Kontrolle war damit beendet.

14:38 Minuten über 5000 Meter und 31:26 Minuten über 10.000 Meter lief Beißel. Während der Bundeswehrzeit begann auch seine Karriere als Sportfunktionär. Als Kompaniechef in Gerolstein war er bei der Gründung der LG Gerolstein, einem Vorläufer der LG Vulkaneifel, dabei. Die LG Bernkastel-Wittlich wäre ohne Beißel 1996 als damaligen Bernkastel-Wittlicher Kreisvorsitzenden (1984-98) ebenfalls kaum zustande gekommen. Lange Zeit koordinierte er auch im Bezirk Trier das Leichtathletikgeschehen. Beim LVR war Beißel Sprecher der Kreisvorsitzenden und ist immer noch im Verbandsrechtsausschuss.

Bei der LG Bernkastel-Wittlich steht Beißel mittlerweile wieder an der Spitze. Allerdings nur für die Übergangszeit von einem Jahr und gemeinsam mit dem bisherigen LG-Chef Albert Zimmer. Im Hintergrund liefen nach Beißels schrittweisem Rückzug von den verschiedenen Ämtern bisher immer noch viele Fäden bei ihm zusammen. So gab er wichtige Ratschläge beim Bau der Kunststoffbahn in Morbach, auf der 2009 die 10.000-Meter-Rheinlandmeisterschaften stattfanden. Auch die meisten anderen Titelkämpfe im Kreis Bernkastel-Wittlich wären ohne Beißel in den vergangenen Jahrzehnten kaum vorstellbar gewesen. Neben dem Sport findet er aber noch Zeit für andere Aktivitäten. In der Eifel sucht er nach Orchideen. Zusammen mit den Töchtern Sonja und Katrin (Sohn Thorsten lief kürzlich beim Deulux-Lauf mit) hat er die Erkenntnisse im Internet (www.eifel-orchidee.de.vu) veröffentlicht.

Er habe sogar schon Nachfragen von Universitäten gehabt, die seine botanischen Informationen verwenden wollten, erzählte er. Seit Jahren ist Ludwig Beißel auch Mitglied im Pfarrgemeinderat Kinheim. In dieser Funktion überwachte er auch die Renovierung der Ortskirche samt Turmsanierung. Mit einer Abordnung des Bistums Trier fuhr er eine Woche vor seinem 75. Geburtstag nach Rom, um der Ernennung des ehemaligen Trierer Bischofs Reinhard Marx zum Kardinal beizuwohnen.